Als ich im Oktober letzten Jahres das Training nach überstandener Krankheit wiederaufnahm, habe ich es mir zu meinem Leitfaden gemacht niemals zurück zu gucken auf das, was ich mal konnte, also auf Zeiten, Wattwerte usw., die ich zuvor geschafft hatte. Ich freute mich in erster Linie darüber überhaupt wieder trainieren zu können und genoss jede Sekunde. So kann ich auch nicht bestätigen, was mir viele im Vorfeld sagten, dass es ganz hart werden und weh tun würde sich wieder zurück zu kämpfen. Ganz im Gegenteil, ich genoss jede Sekunde in den Laufschuhen, auf dem Rad, im Wasser und (insbesondere am Anfang ganz wichtig) im Pilates- und Mobilityraum und hatte so viel Spaß beim Training wie schon lange nicht mehr. Ein großer Dank gilt meinem Trainer Christian, der mich mit viel Geduld immer wieder bremste und in der Trainingsplanung immer wieder einmal mehr zu vorsichtig als einmal überstürzt war. Ich lernte, dass weniger oftmals mehr ist (das gilt insbesondere für die Trainingsumfänge), das die Konstanz wichtig ist und nicht bei jedem Training einen neuen Rekord zu schaffen. An der Interpretation des Wortes „hart“ muss ich allerdings noch arbeiten ;)! Aber auch hier hat Christian mich schon auf einen guten Weg gebracht.
Letztendlich waren meine Fortschritte viel schneller und größer, als ich mir jemals zu erträumen gewagt hätte, sogar Christian konnte ich hin und wieder überraschen ;)!
Wie im Training ging ich auch in die Wettkämpfe einzig und allein mit dem Vorhaben „never look back“ und genieße es wieder an der Startlinie stehen zu können. Das tat ich und auch hier wurde ich von besseren Ergebnissen als ich mir zugetraut hatte überrascht. So konnte ich mich im März beim Crossduathlon in Trier über einen 2. Gesamtplatz freuen. Beim Halbmarathon in Bonn lief ich sogar eine neue persönliche Bestzeit und bei meinem ersten Triathlon, einer Kurzdistanz, in Gladbeck schaffte ich erneut einen zweiten Gesamtplatz. Dementsprechend freute ich mich nun riesig auf meine erste Mitteldistanz beim Ironman 70.3 Rapperswil in der Schweiz. Verrückter Weise waren Gladbeck mein aller erster Triathlon und Rapperswil vor 9 Jahren als ich mit Triathlon begann meine erste Mitteldistanz. Zufall ;)?
Für Rapperswil hatte sich Christian bzgl Ernährung vor und während des Wettkampfes, Training in den letzten Tagen vor dem Rennen und insbesondere eine Pace- Strategie für das Rennen überlegt.
So sollte ich in den Tagen vor dem Rennen auf einen leicht erhöhten Salzhaushalt achten, da es am Wettkampftag sehr heißen werde sollte. Nichts leichter als das ;):
Die letzte Nacht vor dem Wettkampf war weniger optimal, da unser Fenster genau über einer gut besuchten Terrasse eines Italieners lag. Fenster schließen war aufgrund der Hitze allerdings auch keine Option. Ich hätte also gut noch ein paar Stunden Schlaf gebrauchen können, als der Wecker klingelte. Der Freude auf das Rennen tat dies aber kein Abbruch und die Müdigkeit war schnell verflogen. Die Zeit bis zum Startschuss verging wie im Flug: Frühstücken, Wechselzone einrichten, warmlaufen, kurzes einschwimmen im neben dem See gelegenen Freibad und plötzlich war er da der Moment. Ich hatte es geschafft, ich habe mich an die Startlinie eines Ironmans zurück gekämpft. Mit einem großen Strahlen sprang ich in den See. Aufgrund des Rolling Swim Starts innerhalb einzelner Startwellen befand ich mich sehr schnell gefühlt ziemlich alleine im See. Für mich als schlechte Schwimmerin eine eher ungünstige Situation so ohne Wasserschatten. Ich genoss es trotzdem und erreichte als 14. meiner AK das Ufer. Wie schon erwähnt, hatte Christian mir einen genauen Pacingplan zusammengebastelt, der wie er mir hinterher sagte eher konservativ und auf Nummer sicher gestaltet war. Es war meine erste Mitteldistanz und da sollten wir kein Risiko eingehen. Also die Umsetzung war eher nicht das Problem, sondern viel mehr das „dran halten“ ;)! Immerhin hatte er mich vorgewarnt und mir gesagt, dass ich auf den ersten Kilometern und den ersten Anstiegen womöglich viel überholt werde. So war es dann auch, aber ich behielt die Nerven und befolgte den Plan eisern. Kurz vor Ende des langen Anstieges nach Goldingen sagte Marco mir, dass die anderen schon ganz schön am schnaufen seien, während ich mich noch richtig gut fühlte und mit einem breiten Strahlen den Gipfel erreicht habe:
Bei der Abfahrt konnte ich schon an die eine oder andere wieder heranfahren und überholen. Im Großen und Ganzen hielt ich auf der ersten von zwei Runden aber meine Position. Die zweite Runde „durfte“ ich dann schneller fahren und hatte auch noch genug Körner dafür im Tank, so dass ich nun langsam anfing mich nach vorne zu arbeiten. Als 7. meiner AK erreichte ich wieder die Wechselzone und fühlte mich immer noch gut. Nach ein paar Kilometern traf ich auf Marco, der mir sagte, dass ich die schnellsten Laufsplits aller Mädels meiner AK laufe und wenn ich so weiter laufe bis Platz 2 alles möglich sei. Das war machbar, ich traute mir zu das Tempo weiter zu laufen. Ab Kilometer 13 wurde es das erste Mal während des ganzen Wettkampfes ein wenig „unangenehm“, aber ich konnte das Tempo halten und mit der schnellsten Laufzeit tatsächlich auf Platz 2 meiner AK ins Ziel laufen. UNGLAUBLICH!! Ich war einfach nur glücklich, ich hatte die Mitteldistanz gefinished, dazu noch auf Platz 2 – crazy!!!
Nun freue ich mich auf meine „erste“ Langdistanz, trotz der bisher so guten Ergebnisse, ist und bleibt mein einziges Ziel mit einem ebenso breitem Grinsen und ebenso glücklich über die Ziellinie zu laufen wie in Rapperswil.